Mittwoch, 1. August 2018

Streunerkatzen und ihre Babies - was tun?

Als uns an einem Sonntagmorgen im Frühsommer 2018 eine Streunerkatze ihre Kinder anvertraut hat, war es für mich selbstverständlich, dass wir das Thema liebevoll, aber auch sozial verantwortungsbewusst angehen. Dazu gehört aus meiner Sicht die Kastration der Mutterkatze und die Vermittlung der Katzenkinder auf gute Plätze oder zumindest auf einen Platz ins Tierheim, wo sie eine Chance auf Vermittlung zu Katzenfreunden haben. Keinesfalls sollten die Jungen auch das Schicksal ihrer Mutter teilen müssen und zum unerwünschten Streuner werden.

Also wandte ich mich hilfesuchend an das nächstgelegene Tierheim. Im Telefonat mit einer sehr freundlichen Dame bekam ich ein paar mündliche Tipps zur weiteren Vorgehensweise - nicht alle ganz praktikabel (Tiere keinesfalls angreifen, sonst verläßt die Mutter sie; Tiere nicht füttern....), aber gut gemeint. Wertvoll war der Hinweis zur Kontaktaufnahme mit Amtstierarzt und Gemeinde.

Möglicherweise gibt es ja von offizieller Stelle eine "ToDo-Liste" - ich habe sie schlichtweg nicht finden bzw. mich auch nicht erfolgreich zu so einer durchfragen können. Irgendwie habe ich den Eindruck gewonnen, dass sich hier niemand (mehr) so wirklich zuständig fühlt (Vgl. https://www.noen.at/freizeit/tierecke/kastration-von-katzen-vermeidet-tierleid-4605368) und so habe ich meine persönlichen Erfahrungen und die bescheidenen Ergebnisse meiner Recherchen hier zusammen gefasst:

1. Herumfragen in der Nachbarschaft und ein Anruf bei der Gemeinde bringen Sicherheit, ob es sich bei dem zugelaufenen Tier tatsächlich um einen Streuner handelt oder um eines, das vielleicht schon verzweifelt gesucht und deswegen dort (also bei der Gemeinde) als vermißt gemeldet wurde. Generell sollte jedes Fundtier bei Polizei und Gemeinde gemeldet werden. Wer es ungefragt behält, macht sich strafbar. https://www.zooroyal.at/magazin/service/tier-zugelaufen-und-nun/
Tiere, die nicht so scheu sind, wie unsere Streunerkatze, können auch zum Tierarzt gebracht und dort ein eventuell vorhandener Chip ausgelesen werden. 

2. Weiters bieten manche Gemeinden sogenannte Kastrationsgutscheine an. Seit dem 1.4.2016 müssen Katzen mit Freigang kastriert werden (https://www.bmgf.gv.at/home/Gesundheit/Tiergesundheit/Tierschutz/Heim-_und_Wildtiere/Katzen). Auf die vom Bundesministerium zugesagte Unterstützung durch Tierschutzvereine und Behörden sollte man sich allerdings nicht verlassen.

3. Die Katzenkinder sollten, so wie in unserem Fall, auf jeden Fall sozialisiert, sprich an den Menschen gewöhnt werden. Das erhöht ihre Vermittlungsschancen, wenn sie ab der achten Lebenswoche vergeben werden können. Je früher man damit anfängt, umso besser. Katzenkinder, die schon einige Wochen auf der Welt sind und keinen Menschenkontakt hatten, können nur mehr sehr schwer sozialisiert werden. Ganz wichtig ist es, die Tiere viel zu streicheln, herum zu tragen und ihnen den Kontakt mit dem Menschen angenehm zu gestalten. Je eher, umso besser. Die Kleinen gewöhnen sich in dem Alter problemlos an alles, was sich in ihrer Umgebung abspielt - in unserem Fall auch an die Hündin, die bereits beim Erstkontakt mit den Jungen Adoptionsabsichten zeigte :-)

4. Die Mutterkatze sollte gefüttert und wenn geht auch eine Schale mit einer Milch-/Wassermischung zur Verfügung gestellt werden. Einerseits hilft man ihr damit, bei Kräften zu bleiben, denn die Säugung von Jungen ist ausgesprochen kräftezehrend. Andererseits ist es ein gutes Lockmittel und eine Motiviation für die Katze, in der Nähe ihrer Jungen zu bleiben. Zudem wird das Einfangen für die Kastration dadurch auch erleichtert.

5. Wenn die Jungen anfangen, beim Futter mit zu naschen, sollte man auch mit der Kastration der Mutterkatze nicht mehr allzu lange warten. Die Mutterkatze kann kurze Zeit nach dem Wurf der Jungen bereits wieder trächtig werden. Und es wäre brutal, eine tragende Katze zu kastrieren. Es gibt angeblich Tierärzte, die das tun - ich würde um solche allerdings einen großen Bogen machen....
Die Mutterkatze wird mit einer sogenannten Lebendfalle eingefangen. Wenn man in etwa einen Tag lang kein Futter bereit stellt und die Katze ausgehungert ist, gelingt das  Einfangen mit der Lebendfalle sehr gut. Unmittelbar nach der Kastration wird die Katze (sobald sie wieder wach und fit ist) zurück zu ihren Jungen gebracht. Lebendfallen können von Tierschutzorganisationen zur Verfügung gestellt werden. Es gibt private Organisationen, Menschen und Tierärzte, die sich des Themas liebevoll annehmen und dort eingreifen, wo die offiziellen Stellen versagen oder aktive Unterstützung verwehren. (Vgl. z.B. https://www.noen.at/niederoesterreich/gesellschaft/noe-der-woche/daniela-haumer-eine-nanny-fuer-streunende-katzen-44886228# oder der Verein Katzenparadies in Wien, Krone Tierecke, Maggie Entenfellner). 

Auch wenn im Internet gegenteilige Infos zu finden sind - man sollte drauf vorbereitet sein, dass man für die Kosten selbst aufkommen muss. Der Verein, der uns beim Einfangen der scheuen Mutterkatze unterstützte, ist "geheim" (zumindest hat man uns das so mitgeteilt - man wollte offenbar vermeiden, dass wir uns mit Spenden erkenntlich zeigen) - die Dame von diesem Verein, die uns die Lebendfalle brachte, erwähnte zwar, dass sie noch Kastrationsgutscheine hätte, aber diese nicht für uns aufbrauchen wolle, weil wir die Katzen nicht behalten würden. Und auch die Tierärztin, die mir die Kosten für die Kastration im Vorfeld nicht nennen wollte, weil sie meinte "das machen wir schon irgendwie" hat dann überraschender Weise voll abkassiert und konnte bei meiner Nachfrage bzgl. Kostenübernahme keine hilfreichen Aussagen treffen.

Mein Tipp daher: zum Tierarzt Ihres Vertrauens gehen. Beim nächsten Mal, würde ich mich an meine Tierärztin, zu welcher ich mit meinen Hunden gehe, wenden, die mir kostenlose Kastration, Kennzeichnung der Katze (damit erkenntlich ist - falls sie nochmal gefangen wird - dass sie bereits kastriert ist) und Untersuchung auf Krankheiten wie Katzenaids zugesagt hat.

6. Wenn man selbst nicht die Zeit oder Möglichkeit hat oder nicht erfolgreich ist mit der Vermittlung der Jungen, kann man beim zuständigen Amtstierarzt eine Zuteilung zu einem Tierheim in der Nähe einholen. Die Tiere einfach hinbringen, das geht auch, aber man muss dann mit Kosten rechnen (und wie ich gerüchtehalber erfahren habe, wird man in solchen Fällen auch nicht allzu freundlich empfangen). Der Amtstierarzt wird telefonisch kontaktiert und die Sachlage erklärt. Er informiert im Anschluss das zuständige Tierheim, dass die Tiere dort abgegeben werden dürfen. Allzu viel Euphorie darf man sich hier allerdings nicht erwarten. Im schlimmsten Fall ist sogar mit versteckten Vorwürfen zu rechnen, denn man kommt mit einem Thema, das offenbar ausgesprochen unbeliebt bei Amtstierärzten und Tierheimen ist. Ganz unbegründet ist die Haltung der offiziellen Stellen ja auch wieder nicht, denn viele Leute verhalten sich völlig falsch bei dem Thema. Zudem sind die Tierheime meist ohnehin voll mit Streunerkätzchen.

7. Streunerkatzen BITTE NICHT FÜTTERN !!!, sofern man nicht vorhat, sie zu fangen und zu kastrieren. Denn, sie einfach nur zu füttern und sich selbst zu überlassen, verschlimmert das Problem. Damit ist niemandem geholfen, denn wenn ausreichend Futter vorhanden ist, sind auch der Vermehrung keine Grenzen gesetzt. Wer Gutes tun will, versucht die Katze zu fangen, kastrieren zu lassen und setzt sie dort wieder aus, wo sie eingefangen wurde. Auch ein Platz im Tierheim wäre keine Lösung für Streunerkatzen. Diese sind zumeist sehr scheu und fühlen sich in der Nähe von Menschen äußerst unwohl. Die Vermittlungschancen sind gleich null und dieses an die Freiheit gewöhnte Tier in einen Käfig zu sperren, wäre grausam.

Mein Fazit: es gibt keine einheitliche Regelung in Österreich und man darf auch nicht mit allzu viel Unterstützung rechnen. Man sollte bereit sein, Gott und die Welt anzurufen, wenn man Hilfe (auch finanzieller Art) benötigt. Die gute Nachricht ist: wenn man hartnäckig ist und sich nicht scheut, den Leuten auf die Nerven zu gehen, dann klappt das auch. Die Übernahme der Kosten durch offizielle Stellen hängt meiner Erfahrung nach von vielen Faktoren ab. Sieht die Gemeinde ein Problem mit Streunerkatzen, weil sich evtl. Anrainer oder Touristen beschweren, dann ist hier mit Unterstützung zu rechnen (siehe Links unten). Auch als 2016 die Kastrationspflicht eingeführt wurde, war es noch "IN" seitens Gemeinde, Land und/oder Tierheim und Tierärzten die Kosten zu übernehmen. Zwischenzeitlich sind diese hierfür vergebenen Kastrationsgutscheine wie mir scheint verbraucht oder werden nur limitiert ausgegeben (unsere Gemeinde Pöttsching erhält lt. tel. Auskunft vom 16.07.2018 pro Jahr 5 Kastrationsgutscheine - das ist ein Tropfen auf den heißen Stein). Auch die Tierecke, Maggie Entenfellner kann kontaktiert werden und div. Tierschutzorganisationen wie beispielsweise Vier-Pfoten https://www.vier-pfoten.at/kampagnen-themen/themen/streunerhilfe/hilfe-streunerkatzen


Wer also das Richtige tun will und dennoch auf keinen grünen Zweig kommt, kann sich gerne bei mir melden - ich werde so gut ich kann helfen. Einfach per Kommentar auf diesen Post antworten und ich werde Kontakt mit euch aufnehmen. Gemeinsam schaffen wir es dann auf jeden Fall. Ich tue es aus Liebe zu den Tieren und zu jenen Menschen, die das Richtige tun wollen.


Untermieter - der Abschied

Seit unsere Katzenmutter mit ihren Kindern auf der Flucht war und nach einer Woche plötzlich wieder im hinteren Gartenbereich aufgetaucht ist, war nichts mehr so wie davor. Die Möglichkeiten, sich zu verstecken, sind dort weit zahlreicher und wurden immer intensiver genutzt. Auch das für uns unzugängliche Nachbarsgrundstück wurde als Katzenwohnzimmer genutzt. 

Langsam machte sich Verzweiflung bei uns breit. Die wenigen potentiellen Adoptanten sprangen ab, ich hatte eine unschöne Erfahrung mit unseriösen Facebook Nutzern oder Nutzerinnen, die nur so taten als wären sie interessiert und die Minis wurden zusehends scheuer. Vor allem Shy Girl und Shy Guy bekamen wir so gut wie gar nicht mehr zu Gesicht, geschweige denn konnten wir sie streicheln oder hochheben.

Und dann erfuhr ich auch noch, dass die Katzen seit Tagen wieder weg waren. Kein lebendiges Gehopse und keine Erstbesteigungen diverser Büsche und Baumreste mehr - die Futter- und Milchschüsselchen blieben unberührt. "Das war's nun", dachten wir. Wieder fünf Streuner mehr. Fünf Katzenleben ohne Chance auf ein liebevolles Zuhause, auf warme, sichere Plätze auf der Couch, fünf Katzen, die die meiste Zeit auf der vergeblichen Suche nach Futter herumirren und sich unkontrolliert vermehren. Unsere ganzen Bemühungen sollten also umsonst gewesen sein?

Was auch immer mich gestern früh geritten hat, ich schnappte kurz vor acht Uhr Hütewischmobb Phoebe und wir machten uns auf in den Garten meiner Mutter. Nach nur wenigen Lockgeräuschen tauchte zu meiner Überraschung unsere zugänglichste Mieze, die Lauser Liesl, auf und streckte sich der neugierigen Schnauze meiner Hündin vertrauensvoll entgegen. Ohne viel Nachdenken schnappte ich die Kleine, steckte sie in die Box und schloss sofort das Gitter. Mobelix und Lauser Bub (alias Mr. Grey) waren die nächsten, die angelaufen kamen und die ich ebenso hinein bugsierte. Als man in der Box zu randalieren begann, stellte ich die Bande mit einem Schüsselchen Futter ruhig. Offensichtlich waren die jungen Wilden ausgesprochen hungrig.

Als nächstes rief ich im Tierheim an, wo ich sofort die Ansprechpartnerin dran bekam, mit der ich schon mehrfach Kontakt wegen der Katzen und der Zuteilung hatte. Leider konnte sie sich nicht an die vom Amtstierarzt bereits vor Wochen erteilte Zuteilung erinnern (Anm.: ohne Zuteilung vom zuständigen Amtstierarzt kann man Tiere nicht so einfach im Tierheim abgeben. Zudem ist es dann kostenpflichtig.). Aber sie war so nett und versprach, selbst beim Amtstierarzt nachzufragen und mir Bescheid zu geben. Allerdings würde man diesen vor neun Uhr nicht erreichen.

Wir hatten also nur drei Miezen in der Box und die Ungewissheit, ob das mit dem Tierheim klappen würde. Zugegeben, wir waren etwas aufgeregt. Meine Mutter schlug vor, unsere drei Gefangenen in eine große Box ins Haus um zu lagern und dann zu versuchen, die beiden schüchternen, noch freien Tiere mit Futter in die kleine Transportbox zu locken. Gesagt getan - kurze Zeit später saßen wir wie zwei Kanadische Trapper auf Beutezug, mucksmäuschenstill, gespannt abwartend auf der Terrasse, den Blick fixiert auf unsere "Falle". Und tatsächlich, es dauerte nur wenige Minuten bis die Mutterkatze mit ihren beiden Kindern hungrig um die Box mit dem gut riechenden Futter herum schlich.

Alsbald wagte sich unser Shy Guy hinein und begann hungrig zu schlingen. Shy Girl, eindeutig die Vorsichtigere von beiden, wagte sich immer nur für Sekunden hinein, um dann sofort wieder heraus zu hüpfen. Jedes Mal, wenn die Mieze in die Box kletterte und ich drauf und dran war aufzuspringen und hinzulaufen, um das Gitter hinter ihr zu schließen, drehte sie sich rasch wieder um und hüpfte heraus. Es schien unmöglich, beide auf einmal zu bekommen. Die Anspannung bei uns stieg und wir entschlossen uns, erstmal nur das eine Kätzchen in der Box zu fixieren, bevor der günstige Moment vorbei war. Selbst wenn wir damit riskierten, dass sich das andere Kätzchen samt Mutter dann komplett zurück ziehen würde.

Trotzdem die Katzen die Box und uns gewöhnt waren, versuchte der Kater, sobald er merkte, dass ich mich anschlich, zu fliehen. Aber ich war schneller und gleich darauf saß er entspannt mit den anderen drei Geschwisterchen in der großen Kiste. Auch dort füllten wir die Futterschüssel nochmal an und dementsprechend entspannt waren die "Insaßen" mit ihren vollen Bäuchlein.

Und schon stieg die Spannung wieder und wir waren sehr unsicher, ob es uns nun gelingen würde, auch das letzte noch freie Katzenkind einzufangen. Doch wir hatten Glück und es gelang. Dieses Katzenmädchen war noch aufmerksamer und beinahe wäre es mir entwischt. Sicherheitshalber ließ ich das scheuste von den Tieren in der kleinen Transport-Box, anstatt es zu seinen Geschwistern umzulagern. Ich wollte mein Glück nicht über strapazieren.

Zwischenzeitlich hatte ich telefonisch grünes Licht vom Tierheim bekommen und so luden wir die Boxen und das Futter, das wir grade erst vorm Wochenende aufgestockt hatten, ins Auto und ich fuhr die fünf, rund acht Wochen alten Katzenkinder schweren Herzens, aber dennoch mit gutem Gefühl, das Richtige zu tun, in ihre neue, zwar ungewisse, aber bestimmt weit bessere Zukunft, als es ein Leben als Streunerkatze sein könnte.

Im Tierheim wollte man einen Ausweis und meine Telefonnummer sowie die Adresse, wo die Katzen "gefunden" wurden. Liebend gerne hätte ich noch ihre Charaktereigenschaften und vorläufigen Namen hinterlassen. Aber die Katzen wurden ohne Rückfragen von einer jungen Pflegerin geholt und vorerst in Quarantäne gebracht. In diesem Bereich sind keine Besucher erlaubt und auch meine Bitte, uns doch vielleicht einmal ein Foto zu schicken, wurde abgelehnt. Ich könne mir ja die Fotos auf der Website ansehen, sobald sie bereit zur Vergabe sind.

Also bin ich in mein leeres Auto gestiegen und mit einem ebensolchen Gefühl der inneren Leere nach Hause gefahren. Ich werde sie vermissen. Es ist nicht alltäglich, dass man die Gelegenheit hat, für so junge Lebewesen zu sorgen, ihnen beim Aufwachsen zuzusehen und sich mit ihnen anzufreunden. Sie werden mir immer in Erinnerung bleiben und ich wünsche ihnen aus tiefstem Herzen ein wunderschönes, erfülltes, katzengerechtes Leben bei guten, tierlieben und fürsorglichen Menschen.

Sonntag, 22. Juli 2018

Untermieter - SIE SIND WIEDER DA !!!


Nach einer schier endlosen Woche voller Bangen, Sorge und Ungewissheit kam heute in aller Frühe der erlösende Anruf meiner Mutter: Sie sind wieder da! Ich hab mein Frühstück sofort zur Seite geschoben, nur das Allernötigste angezogen, Futter, Schüsseln und Box geschnappt und bin sofort los gefahren.

Und tatsächlich: im hinteren Teil des Gartens, direkt beim Teich, wo viel schützendes Gebüsch und auch ein knorriger alter Baumstamm einer längst toten Weide ein optimales Klettergerüst und Trainingsgerät abgibt, haben sich die fünf Kinder mit ihrer Mutter wieder eingenistet, als wäre nichts gewesen.

Das gereichte Futter hat sie sofort aus ihrem Versteck gelockt - die Miezen waren trotz immer noch praller Bäuche recht hungrig. Ihre Reaktionen waren im ersten Moment etwas scheu, aber unsere Lauser Liesl ist nach kurzem Zögern zu mir gekommen und hat schon bei den ersten Streicheleinheiten wieder genüßlich geschnurrt und sich gegen die Hand gedrückt.

Der Teich mit den vielen Büschen und Steinen, das Schilfgras, die alte Wasserrinne und der knorrige Stamm bieten einen wunderbaren Spiel- und Trainingsplatz für die jungen Wilden.  Die verrückte Lauser Liesl hat sich bereits ganz hoch hinaus gewagt und einen ihrer Brüder konnten wir bei einem unfreiwilligen Bad im Teich beobachten.

Damit wir die verlorene Woche in Punkto Sozialisierung wieder aufholen können, haben wir Lauser Liesl und ihren Bruder - Mr. Grey - auch kurz ins Haus geholt und mit ihnen gerangelt und sie beobachtet, wie sie sich in der fremden Umgebung verhalten. Die Miezen haben kurz und neugierig die neue Umgebung erkundet, um sich dann wieder völlig ungezwungen in ihre alterstypischen und gar zu entzückenden Spiele zu vertiefen. 

Dieser Tag hätte nicht schöner beginnen können. Ich danke allen, die mit uns gezittert und uns Mut zugesprochen haben; die Verschwörungstheorien und Lösungsmöglichkeiten mit uns gewälzt haben und die sich wie wir Sorgen um unsere Schützlinge gemacht haben. Alles ist gut - unsere sechs Miezen sind wieder zuhause!




Mittwoch, 18. Juli 2018

Untermieter - der Schock

Es ist nun schon ein paar Tage her, aber der Schock über die unerwartete Wendung sitzt uns immer noch in den Knochen und wir können und wollen es noch gar nicht wahr haben.

Aber erst mal von vorne: vergangenen Donnerstag kam die von der Tierärztin vermittelte Dame mit Lebenfalle und grausiger Stimmung und wir konnten die Muttermieze, entgegen der negativen Grundeinstellung der Dame vom "geheimen" Verein der Streunerkatzenhilfe, in kürzester Zeit einfangen. Sie brachte das arme, ängstliche Ding zur Tierärztin und ich konnte das kastrierte Tier eine Stunde später bereits wieder abholen. Hier kam es zur ersten unangenehmen Überraschung - die Tierärztin, die mir im Vorfeld keine Auskunft über die Kosten der Kastration nennen wollte, weil sie meinte "ich mach das schon irgendwie", kassierte ohne mit der Wimper zu zucken 95,00 Euro. Bei meiner Nachfrage bekam ich sehr kryptische, verwirrende Infos über wage Unterstützungen von irgendwelchen Organisationen - aber immer mit Betonung, dass diese nur für sehr sehr arme Leute wären, die sich so etwas nicht leisten könnten. (nach Rücksprache mit meiner Tierärztin in der Tierklinik habe ich erfahren, dass sie die Kastration kostenlos durchgeführt, die Katze entsprechend gekennzeichnet, damit erkennbar ist, dass sie kastriert ist und auch gleich verschiedene Seuchentests, wie z.B. Untersuchung auf Katzenaids gemacht hätte....Jaja, nachher ist man immer g'scheiter)

Mit dem Gefühl, das Richtige getan zu haben, beschlossen wir jedoch, diesem Geld nicht nachzuweinen und setzten die Katze inmitten ihrer Jungen wieder aus. Dort verbrachte sie auch den nächsten Tag - den Freitag - offensichtlich entspannt. Wir machten sogar noch ein kleines Video mit Katzen und Hund und alles schien gut zu sein.

Am Samstag morgen dann die böse Überraschung: ALLE sechs Katzen waren verschwunden. Wir konnten es nicht fassen. Der erste Gedanke war natürlich, dass die psychisch durch die Kastration schwer angeschlagene Mutter mit ihren Kindern in Panik das Weite gesucht hat. Der verschwörungstheoretische Ansatz ist der, dass jemand in der Nacht die sechs gefangen und mitgenommen hat. Und dann wäre noch die ebenso unwahrscheinliche Möglichkeit, dass andere Tiere die Miezen von den stets prall gefüllten Futterschüsseln vertrieben haben könnten.

Gleich am nächsten Tag begannen wir, uns umzuhören und umzusehen, in der Hoffnung, etwas über den Verbleib "unserer" Katzenkinder zu erfahren. Gestern dann ein kleiner Hoffnungsschimmer - am Wochenende seien junge Katzen in einem Garten in der Nähe aufgetaucht. Bei genauerer Nachfrage stellte sich jedoch heraus, dass diese äußerst scheu seien und sich eine rote darunter befunden hätte. Und so hat sich auch das wieder zerschlagen und wir fragen uns nun: Was haben wir falsch gemacht? Was hätten wir anders machen können? Was wird aus den zutraulichen Jungen? Was, wenn sie an schlechte Menschen geraten? Wurde die Mutterkatze gekennzeichnet, sodass - für den Fall, dass sie nochmal gefangen würde - erkennbar ist, dass sie bereits kastriert ist?

Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und so geben wir die Suche noch lange nicht auf. Auch die Nachbarn und liebe Bekannte halten Augen und Ohren offen, denn wir wünschen uns nichts sehnlicher, als dass es "unseren" Miezen auch in Zukunft gut geht und sie ein schönes Leben in Sicherheit und bei lieben Menschen verbringen können.

Sonntag, 8. Juli 2018

Untermieter - im Paradies

Schüchtern war gestern - Frech ist das neue Benimm! Die Katzen finden im Vorgarten meiner Mutter ein wahres Paradies als Kinderstube. Die mittlerweile völlig ramponierte Azalee legt Zeugnis vom täglich intensiver werdenden Kletter-, Versteck-, Beiß- und Prügeltraining der Katzenkinder ab. Ich bewundere meine Mutter, die entspannt lächelnd dabei zusieht, wie die Äste der zarten Pflanze von Tag zu Tag kahler werden und frage mich insgeheim, was sie einnimmt, um so ruhig zu bleiben.

Hütewischmopp Phoebe ist mit der Aufsicht der Katzen, die von Mal zu Mal weitere Bereiche ihres Revieres erobern, heillos überfordert und dementsprechend aufgeregt, wenn wir die kleinen Zerstörer besuchen. Die Katzenmutter hält sich zumeist rund 2m entfernt unter einem (noch) wunderschönen, großen Rhododendron auf und beobachtet von dort das wilde Getümmel. Dass sie jederzeit bereit ist einzugreifen, hat sich kürzlich gezeigt, als Phoebe ein Katzenkind dorthin verfolgt hat. Die Katzenmutter sprang sofort auf und hat Phoebe umgehend verjagt. Dass sie dennoch den regen Umgang von uns und der Hündin mit ihren Kindern in einem gewissen Rahmen toleriert, erstaunt mich immer wieder aufs Neue. Was für eine großartige Katzenmutter!
 
Immer wieder höre ich von Katzen, die ihre Jungen irgendwo absetzen, sich dann aus dem Staub machen und vor der Verantwortung drücken. Nicht unsere Streunerin hier. Sie ist täglich viele Stunden bei ihren Kindern und wenn sie diese nicht gerade säugt, dann liegt sie zumindest auf ihrem Beobachtungsposten unterm Busch und passt auf. Die Phase, in der die Jungen auf die Milchspenden der Mutter angewiesen sind, hat bereits ein Ablaufdatum. An der Futtermenge, die täglich nachgefüllt werden muss, erkennen wir, dass die Katzenkinder hier schon einfrig mitnaschen und bald unabhängig von den mütterlichen Milchdrüsen sein werden.
Besuche im Haus sind an der Tagesordnung. Die Katzenkinder verhalten sich dabei sehr unterschiedlich. Während Shy Girl in geduckter Haltung auf der Suche nach Versteckmöglichkeiten ist, turnt Lauser Liesl auf uns herum und haut ihre Zähne und Krallen in alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Sie zieht generell die menschliche Gesellschaft der ihrer Geschwister vor. Bei ihr könnte ich mir gut vorstellen, dass sie auch auf einem Einzelplatz bei einem Menschen, der viel Zeit für Spiel und Spaß mit der kleinen Mieze hat, glücklich wird.

Mit meinen Vermittlungsversuchen bin ich leider bislang noch nicht erfolgreich. Jeder erzählt mir nur, dass er von Leuten gehört hat, die sich gerade erst junge Katzen genommen haben. Das ist frustrierend, aber es liegt halt auch an der Jahreszeit - die meisten Katzen haben ihre Jungen wohl schon früher bekommen und diese konnten bereits vor Wochen in ihre neuen Heime einziehen. Unsere Katzenmutter war vermutlich etwas später dran und das macht sich jetzt bei unserer Suche nach einem tollen neuen Zuhause erschwerend bemerkbar.

Von all dem merken aber unsere Katzenkinder nichts, wenn sie unbeschwert und mit täglich mehr Energie und Tatendrang ihre Umwelt mit Zähnen und Krallen erobern. Und das ganze aus mittlerweile gesunden Augen und mit prallen Bäuchen.


Donnerstag, 5. Juli 2018

Untermieter - alles bewegt sich

Ein mittlerweile völlig zerfledderter Azalee Strauch, eine Katzenbox als Hauptwohnsitz, eine chronisch leere Futterschüssel und die Bereitschaft, Menschen und Hunden auf Schritt und Tritt zu folgen.....

So vieles tut sich, dass ich fast nicht weiß, wo ich anfangen soll. Lauser Liesl erklimmt mittlerweile alle Stufen zur Eingangstür und kaum öffnet diese sich, eilt die neugierige Nase hinein und folgt den geliebten Menschenbeinen.

Gestern habe ich zum ersten Mal ein leises, aber glückliches und bereits perfektes Schnurren aus einer kleinen Katzenkehle vernommen. Kein Fauchen mehr, dafür aber Prankenhiebe ohne Ende und es wird auch schonungslos alles gekaut, was sich bietet - ob Strauch oder Finger.

Der große Hundekopf eignet sich überhaupt perfekt für Nahkampftraining und Prügelattacken - hier schlagen die Pfoten ins Weiche und das scheint richtig Spaß zu machen. Auf dem Rücken liegend, den prallen, gut gefüllten Bauch in den Himmel gestreckt, wird vollsten Vertrauens der Hundekopf malträtiert.

Bei jedem Besuch finde ich mindestens ein Katzenkind an der Futterschüssel - im Moment wird noch eher die Sauce heraus geleckt und für die Mutter bleiben dann die langsam vor sich hin dörrenden festen Stücke. Aber so wie die Kleinen zubeißen können, wird es nicht mehr lange dauern, bis sie sich auch die festen Stücke einverleiben.

Die Behandlung der verklebten Augen mit einer speziellen Salbe ist nach nur wenigen Malen erfolgreich und so strahlt mich nun auch die Lauser Liesl aus weit geöffneten, neugierigen Augerln an.

Nächste Woche steht etwas Böses, aber dringend Notwendiges an: die Katzenmutter soll eingefangen und kastriert werden. Ich freu mich nicht auf den Tag. Aber nur so kann eine unkontrollierte Vermehrung verhindert werden. Ist eh nur ein Tropfen auf den heißen Stein - aber je mehr Leute so handeln, desto mehr Katzenleid kann verhindert werden.

Mir graut bereits jetzt vor dem Tag, an dem sie gehen müssen. Mag gar nicht dran denken - da verkrampft sich alles in mir. Aber es geht halt nicht anders. In rund drei Wochen wird es soweit sein. Mein dringender Wunsch wäre, dass wir sie alle selbst vermitteln können, denn nur dann gibt es eine Chance, zu verfolgen, wie es mit ihnen weiter geht. Sie ganz aus den Augen zu verlieren, ist für mich momentan unvorstellbar. Unglaublich, wie leicht es ist, sich in so kleine, hilflose und doch schon so selbstsichere Wesen zu verlieben ....

Sonntag, 1. Juli 2018

Untermieter - Lauser Liesl und Shy Girl

Es ist faszinierend, wie sich mittlerweile bei den Jungs und Mädels (an der Stelle muss ich eine Fehlinformation richtig stellen: es steht 2:3 bei der Geschlechteraufteilung Katzen:Kater) sehr interessante und unterschiedliche Charaktere heraus kristallisieren. 

In der Welpenschar haben sich die Damen auf die Extreme verlegt: die mutigste aller Katzen ist die Lauser-Liesl. Sie liebt Menschenkontakt, läßt sich unheimlich gerne den Bauch kraulen, spielt mit unseren Fingern Räuber und Gendarm und turnt am liebsten um oder auf uns herum. Je mehr Körperkontakt, umso besser.

Auf der Gegenseite der Zutraulichkeitsskala findet sich Shy Girl. Das Positive ist, dass es der kleinen Mieze gut geht. Lange Zeit haben wir sie ja gar nicht zu Gesicht bekommen und mussten annehmen (wie bereits berichtet), dass das Katzenkind nicht gesund ist. Mit nichten: Shy Girl macht ein wenig auf Zicke, schaut lieber zu und läßt die anderen machen. Sie reagiert auf Kontakte mit entsetztem Fauchen - nicht aus Angst, denn sie flüchtet nicht, sondern weil sie ein wenig kapriziös zu sein scheint. Wenn wir sie hoch heben, thront sie nämlich wie eine Prinzessin auf der Hand und sieht sich stolz in der Gegend um.

Die Jungs bewegen sich im Mittelfeld zwischen den jungen Damen. Hier gibt es den Mobelix, ein Klettermaxe, der überall rauf muss und dem scheinbar nichts zu hoch ist. Womöglich eine Reinkarnation von Luis Trenker. Ähnlich wie Shy Girl ist einer der Kater, Shy Guy, etwas schüchterner und ziert sich auch gerne mal. Ab und zu ein Fauchen ist schon zu hören, aber im Grunde ist er bei Weitem nicht so distanziert, wie Shy Girl. Und der dritte, Mr. Grey, ist ein entspannter, kleiner Kerl, der liebend gerne in der Box sitzt und sich von dort das wilde Treiben im Katzenparadies ansieht. Mobelix und Mr. Grey sind auch diejenigen, die Körperkontakt genießen, niemals ein Fauchen hören lassen, sondern mit unseren Händen Spielen und genüßliches Kraulen verbinden.

Im nächsten Update gibt es Fotos und Ereignisse zu den ersten Besuchen im Haus und die aktuellsten Infos zu den Hundebesuchen von Ersatzmama Phoebe. Bleibt dran und überlegt euch, ob euch einer oder zwei der oben beschriebenen Charaktere anspricht und ihr die Minis bei euch einziehen lassen wollt.

Freitag, 29. Juni 2018

Untermieter - die Überraschung

Langsam war es besorgniserregend, dass vier der Mini-Miezen sich bereits eifrig um taten und dabei ihre sichere Höhle verliessen, während eines der Geschwisterchen sich in die hinterste Ecke drückte, um dort mit dem Rücken zum Geschehen aus kleinen Äuglein die aktiven Geschwister zu beobachten. Wir mussten annehmen, dass mit dem kleinen Ding etwas nicht in Ordnung ist und vielleicht irgendwann nur mehr vier übrig wären. An eine Untersuchung war nicht zu denken, weil es viel zu tief - weiter als eine Armlänge entfernt - im Verschlag saß. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Und gestern dann die große Überraschung! Kaum dass die Minis meine Stimme gehört hatten, eilten sie auch schon aus ihrem Versteck und eine grobe Zählung ergab: Fünf !!! Gleich noch einmal durchgezählt - immer noch Fünf. Kurz nach dieser ersten Sichtung verschwand das schüchternste aller Katzenkinder wieder im Verschlag. Der Stein, der mir von Herzen fiel, war vermutlich als Erdbeben in der näheren Umgebung wahrnehmbar. Zumindest meine Mutter musste es gehört haben, denn sie stand plötzlich vor der Tür und ließ sich die erfreulichen Neuigkeiten berichten.

Ein Blick in den Verschlag ergab, dass die Katzenmutter anwesend war und das Geschehen fallweise leise murrend zur Kenntnis nahm.
Bei zwei der Miezen war wieder eine Reinigung der verklebten Augen fällig. Dies wird mit großem Widerwillen und unter Einsatz der kleinen, scharfen Krallen hingenommen. Nach der Behandlung wieder abgesetzt ist die Tortur aber schon wieder vergessen und Streicheleinheiten streckt man sich genüsslich entgegen. Da und dort wird die sich nähernde Hand aber auch immer noch angefaucht - je nach Tagesverfassung und momentaner Laune. Alles in allem entwickeln sich die Kinder aber prächtig und wir sind uns mittlerweile ziemlich sicher, dass keiner der Zimmertiger handscheu bleiben wird.

Ein Meter Umkreis vom Verschlag wird bereits mutig erforscht. Hier wird geturnt, gerangelt, gekratzt und neugierig erkundet. In diesem Einzugsgebiet befindet sich auch die Katzenbox, die ich zwecks Gewöhnung einfach mal aufgestellt habe. Und auch diese wurde von den mutigsten Minis bereits geentert und neugierig inspiziert. Seit heute liegt auch wieder eine trockene Decke drinnen, die noch viel mehr zum Verweilen einlädt. Der mutigste - von mir mit "Lauser" betitelt - hat sich drinnen geräkelt und geputzt und wollte sein neues Heim gleich gar nicht mehr verlassen.

Auch ein Meet-and-Greet mit Hütewischmopp Phoebe hat bereits statt gefunden. Für die Katzenkinder war das im Grunde nichts Großartiges. Voller Urvertrauen stolpern sie durch ihr kleines Reich. Man läßt sich abschnuppern und droht auch mal mit Haue, wenn das große, schwarze Ding zu aufdringlich wird. Phoebe ist kaum weg zu kriegen von den Kleinen. Und natürlich wurden auch Milch und Futter von ihr verkostet - dass es beim Verkosten bleibt, dafür musste ich sorgen. Aber ihr Interesse an den Minis war dennoch eindeutig größer.

Motiviert durch die rasanten Fortschritte hat meine Mutter beschlossen, eine erste Führung durch's Haus zu veranstalten und meine Wenigkeit wird, motiviert durch den durchschlagenden Erfolg mit der Katzen-Transportbox, demnächst ein Katzenklo aufstellen und sich in der Vermittlung einer der Grundregeln der Hauskatzenhygiene versuchen. Weitere Berichte folgen in Kürze - es bleibt also spannend mit den Untermietern.


Dienstag, 26. Juni 2018

Untermieter

Weil ich ein sprichwörtlicher early bird bin und es mich auch am Wochenende schon zu beinahe nachtschlafender Zeit aus dem Bett treibt, fahre ich, während alle anderen noch schlafen, mit den Hunden aus zum Spazieren und liefere unterwegs bei meiner Mutter (die selbstverständlich bezahlte) Sonntagszeitung auf die Türmatte.

Und bei dieser Gelegenheit habe ich etwas beobachtet, das unser Leben für die folgenden Wochen um einiges aufregender gestalten sollte. Grade als ich aus dem Auto stieg, sah ich eine kleine, hagere, graugetigerte Katze, der etwas Großes aus dem Maul baumelte, in den Vorgarten meiner Mutter eilen. Das Tier verschwand rasch mit der vermeintlichen Beute aus meinem Blickfeld im schmalen Spalt unter der Steintreppe zur Eingangstüre. Langsam arbeitete mein aufgrund der Tageszeit noch träges Gehirn das Gesehene auf und ich stellte fest, dass hier keine überdimensionale Maus verschleppt, sondern ein Katzenkind in Sicherheitsverwahrung gebracht wurde.

Später am Tag überraschte ich meine Mutter mit der Info über ihre neuen Untermieter. Wie vermutet, war ihr der Einzug bis dahin nicht bekannt gewesen. In einem ersten Telefonat mit dem Tierschutz wurde ich angehalten, die Tiere keinesfalls zu berühren oder Futter zu reichen. Nach einer Rückfrage, wie denn dann die Jungen sozialisiert werden sollten, erhielt ich die Info "das passiert dann im Tierheim". Mit dieser (Fehl)Information beobachteten wir das Kommen und Gehen der Katzenmutter vorerst still und unaufdringlich. Erst im Gespräch mit einer Tierärztin, die sich liebevoll mit dem Thema Streunerkatzen auseinander setzt, bekam ich die Bestätigung, wie wichtig viel Körperkontakt mit den jungen Katzen ist und ebenso, dass die Mutter mit Futter und Milchwasser bei Kräften gehalten und bei der Aufzucht der Jungen unterstützt wird.

Endlich konnten wir uns so verhalten, wie es uns auch der klare Menschenverstand gebot und seit diesem Moment verbringen wir viele Momente in der Gebetshaltung eines Mohamedaners, um Blickkontakt zu den Katzenkindern zu bekommen. Nach und nach gelingt es nun auch immer mehr, die Jungen aus ihrem Verschlag zu locken und ihnen tröpfchenweise Milch mit dem Finger anzubieten, das Geschlecht (3 Kater, 1 Katze, 1 Unbestimmte) zu kontrollieren und die verklebten Augen mit warmem Wasser sanft zu reinigen.

Die Katzenmutter nimmt dankbar, um nicht zu sagen, gierig unsere Futter- und Getränkeangebote an und die Bäuchlein der Minis sind kugelrund. Obwohl ich seit wenigen Tagen und erst nach zahlreichen Telefonaten eine Zuteilung für die Jungen zum Tierheim Sonnenhof habe, widerstrebt es mir, diese Lebewesen, die uns der Zufall anvertraut hat, einem ungewissen Schicksal zu überlassen. Und so setze ich mittels Mundpropaganda, Facebook und über Tierärzte, die sich für dieses Thema erwärmen können, alle Hebel in Bewegung, um selbst gute Plätze für die Süßen zu finden.

An dieser Stelle - ich kann es mir nicht verkneifen - muss ich meinem Erstaunen über die Reaktion jener Stellen, die ich als offiziell zuständig für solche Fälle erachtet habe, Luft machen. Angefangen bei Fehlauskünften zum gebotenen Verhalten, über versteckte Vorwürfe, als wären wir die Verursacher der unerwünschten Vermehrung, bis hin zur im Befehlston erteilten Verpflichtung, sich "gefälligst" um die Kastration der Mutterkatze zu kümmern. Alles in allem erhält man, bis auf wenige Ausnahmen, den Eindruck, hier mit einem ausgesprochen unerwünschten Thema zu kommen. Ich kann mir gut vorstellen, dass bei Menschen, die weniger hartnäckig sind als ich, der Wunsch, sich hier sozial und tierschützerisch verantwortungsvoll zu verhalten, von den offiziellen Stellen im Keim erstickt wird. Ich hatte irgendwie erwartet, dass es für solche Fälle Infoblätter mit Verhaltensvorgaben und Kontaktdaten gäbe, aber da liege ich falsch.

Im Moment setzen wir uns kleine Ziele und freuen uns über jeden auch noch so winzigen Fortschritt. Wichtig ist, dass die Winzlinge mit Menschen vertraut werden und alsbald auch anfangen, sich mit Futter abseits der mütterlichen Zitzen zu ernähren. Gestern hat sich - wie mir meine Mutter berichtet hat - zum ersten Mal ein Katzenkind aus dem Bau gewagt und als es sich dann einsam und ungeschützt auf der untersten Stufe wieder fand, schrie es verzweifelt nach Hilfe. Meine Mutter eilte herbei und verfrachtete das Katzenkind wieder in die vertraute Höhle.

Sobald die Entwöhnung erfolgt ist, muss das Muttertier umgehend kastriert werden, wozu wir die Unterstützung einer Tierärztin brauchen, die möglicherweise schon gefunden ist. Seitens der Gemeinde gibt es diese leider nicht (mehr) - Stichwort Kastrationsgutschein. Und so hanteln wir uns vorwärts mit dem Gefühl, das Richtige und etwas Gutes zu tun. An alle, die das hier lesen, haben wir die Bitte, sich umzuhören, ob es jemand gibt, der zwei Junge oder eines zu einer bestehenden Katze dazu nehmen möchte und danken auch schon allerherzlichst im Voraus für euer wertvolles Engagement !!!


Sonntag, 7. Januar 2018

Molly in ihrer Welt


Dass Molly anders ist als alle Hunde, die ich davor hatte, blieb nicht lange verborgen. Schon als sie am Tag ihres Einzugs durch die Türe kam, war klar, dass bei ihr die Uhren anders ticken. Molly drehte sich durch die Türe wie ein Kreisel mit Eigenleben. Dieses Kreiseln um die eigene Achse wie ein Derwisch in Trance tritt in ganz bestimmten Situationen verstärkt zu Tage und Molly ist dabei wie weggetreten und unansprechbar. Sobald ich mich etwa dran mache, das Futter für die Bande zu holen, scharrt Molly bereits in den Startlöchern. Wie alle anderen wartet sie zunächst auf der Hundecouch, springt aber - kaum dass ich ihr den Rücken zuwende - mit einer perfekten Schraube von der Matrazze und dreht sich einmal durch den ganzen Raum, bevor sie wieder auf der Matrazze landet. Meine Versuche, sie dort mit strenger Befehlsgewalt festzunageln, sind nach mehr als vier Jahren unseres Zusammenlebens noch immer stets zum Scheitern verurteilt.

Mollys knallt in ihrem Drehtaumel auch schon mal gegen Türen und Wände, bringt volle Wasserkübel zum Kippen, kollidiert mit Hunde- und Menschenbeinen, die dann Gefahr laufen, der Länge nach auf den Boden oder gegen den nächsten Türrahmen zu torkeln.

Wenn Molly einen Schlafplatz gewählt hat, dann wird dieser nicht einfach bestiegen. Sie dreht erstmal drei bis fünf Runden davor. Jetzt kommt es natürlich ab und zu mal vor, dass eine andere Fellnase grade dieselbe Idee hatte und sich inzwischen auf Mollys auserkorenen Schlafplatz hinlümmelt, während Molly immer noch ihre Runden davor dreht. Sind diese dann fertig, steht sie verdutzt vor dem bereits besetzten Platzerl und versteht die Welt nicht mehr.

Jeder Hund, den ich von klein an zu mir genommen habe, hat es sich zur Gewohnheit gemacht, im Garten oder beim Spazierengehen seine Geschäfte diskret an der Seite oder gar tief drinnen im Wald zu erledigen. Auch Hunden "stinkt" das, wenn sie selbst drüber stolpern und ihr Interesse an den Ausscheidungen anderer Hunde ist nicht der tolle Geruch, sondern lediglich die Information über die andere Fellnase, die davon ausgeht. Es ist köstlich zu beobachten, wie selbst Hunde die Nase rümpfen, sollten sie unabsichtlich in oder über die Ausscheidung eines anderen Hundes stolpern. Soweit die Normalos - anders bei Molly: sie, die sich grade noch am Wegrand schnüffeln vorwärts gearbeitet hat, beginnt sich zu drehen, bis sie exakt in der Mitte des Weges gelandet ist. Ich nenne es "Ausmessen". Dort wird das Drehen schneller, bis sie abrupt stoppt und nun in aller Ruhe ihr Geschäft erledigt. Versuche, sie während des Drehens zurück an den Wegrand zu bugsieren, führen grade mal dazu, dass der arme Hund eine Verstopfung erleidet. Derart unterbrochen traut sie sich gar nicht mehr und zwickt lieber zusammen, bis sie es ungestört zuhause mitten im Garten erledigen kann. Noch beliebter sind bei Molly Wegkreuzungen - mir kommt vor, hier wird noch eine Spur gründlicher, weil weitläufiger ausgemessen, bevor sie zufrieden ist mit der Positionierung und sich hinhockt. 

Entzückend hingegen ist es, dabei zu zu sehen, wenn sie um einen super tollen Geruch am Weg oder in der Wiese dreht. Viele kennen vielleicht von den Hoppala Videos aus Internet und Fernsehen, wie sich Leute auf einen Baseballschläger gestützt viele Male um diesen herum drehen und wenn sie loslassen, wie betrunken in die nächste Hecke torkeln oder gegen die Gartenhütte donnern. So ähnlich sieht es bei Molly aus, wenn sie, die Nase auf das Geruchsobjekt fixiert, sich viele Male um die eigene Achse dreht, bis sie alle Nuancen des Geruchs erfaßt hat, um sodann gleich selbst, mit einer Hinterpfote in der Höhe ihre Duftmarke drüber zu setzen.

Streicheleinheiten genießt die süße Blondie bestimmt sehr, aber auch hier legt sich bei ihr ein Schalter um. Setzt man sich zu ihr auf den Teppich, um sie ausgiebig zu knuddeln, dauert es nur Sekunden, bis Molly auf den Rücken plumpst und ekstatisch von links nach rechts rollt und wieder retour, dabei mit allen vier Beinen in der Höhe strampelt und oft auch noch ein leises Quietschen von sich gibt. Dabei drückt sie ihr Köpfchen fest auf den Boden, als würde sie ihre Ohren massieren (was sie vermutlich auch tut). Weil es nur endlos so weiter gehen würde, wenn ich bei ihr bliebe, stehe ich dann meist auf und rufe sie, um sie aus ihrem "Wahn" wieder heraus zu holen. Ein Exorzist hätte seine wahre Freude mit der Hündin.

Bei längeren Spaziergängen halte ich gerne inne, kniee mich für eine kleine Kraulpause mit meinen Vierbeinern hin. Da kommen sofort alle angelaufen und freuen sich über die Aufmerksamkeit. Auch Molly macht mit, zieht aber sofort wieder ihr verrücktes Ding mit der Ohrenmassage ab. Wenn ich dann wieder hochkomme, um weiter zu gehen, folgt mir oftmals eine mit Blättern und Erdreich panierte Molly.

Diese Ohren-Selbstmassagen führt Molly aber nicht nur am Boden durch. Jeder Widerstand ist ihr im Grunde recht. Sie tut es in meine Hand, an mein Bein, an die Hundebeine (die entsetzten Blicke der betroffenen Fellnasen muss ich demnächst mit der Kamera einfangen), an der Bettkante, am Sessel, auf der Hundecouch, ..... Die Ohren sind übrigens gründlich untersucht und in Ordnung ... wie es im Kopf meiner Süßen aussieht, ist allerdings eine andere Sache ....

Nicht dass nun der Eindruck entsteht, Molly wäre kein liebevoller Hund. Oft, wenn ich mit ihr alleine bin und keiner der anderen sich dazu drängt und Aufmerksamkeit fordert, hocke ich mich seitlich neben sie und sie schlüpft mit ihrem entzückenden Kopf unter meinem Arm durch, hebt die Schnauze und flüstert mir zart und kurz ins Ohr. Klingten tut dieses "Flüstern" wie ein leises Schmatzen. Danach legt sie ihren Kopf in meine Armbeuge oder auf den Oberschenkel und läßt sich den Hals massieren. Währenddessen flüstere ich ihr was Nettes ins Ohr, was wiederum dazu führt, dass Molly ihren goldigen Kopf an mein Ohr hebt und mir was rein schmatzt. Dieses entzückende gemeinsame Ritual lieben wir beide sehr.

Molly verfolgt mich - wo immer ich bin, egal, was ich gerade mache, habe ich einen blonden Schatten, der mich verfolgt und fixiert. Die einzige Möglichkeit, das zu verhindern, wäre sie zu fesseln oder anzubinden. Stehe ich am Herd und koche - Molly sitzt neben mir. Sitze ich am Bett und lese - Molly ist da. Bin ich zu Tisch und esse - Molly dabei. Arbeite ich am Laptop - Molly hockt daneben. Komm ich aus dem WC oder aus der Dusche, sitzt Molly bereits knapp hinter der Tür und erwartet mich. Wer das für absolute Treue hält, der irrt gewaltig. Molly hofft zu jeder Sekunde des Tages, ich könnte plötzlich ein fettes Schweinsohr oder ein lecker stinkendes Kaustangerl aus dem Ärmel zaubern und versucht stets, in der Pole Position bei der Verteilung zu sein.

Molly hat auch den bezeichnenden Beinamen: "lebende Stolperfalle" von mir bekommen. Selten geht Molly einfach neben- oder hinterher. Der liebste Ort ist ihr zwischen den Beinen, wo sie sich, damit es spannender wird, auch immer wieder um ihre eigene Achse dreht. Das absolute Top-Reaktions- und Fitness-Training für mich.


Die Fütterungszeiten sind, wie schon zu Beginn beschrieben, die Momente am Tag, die für Molly wohl die aufregendsten sind. Um diesen Stress abbauen zu können, hat sie für danach das Ritual des endlosen Schüsselputzens entwickelt. Sobald die Rudelmitglieder ihre eigenen Futterschüsseln geleert haben, wird reihum in und rund um die Schüsseln der anderen noch sauber gemacht. Das tut jeder Vier-Beiner bei jeder Schüssel, was soweit auch völlig normal ist. Kaum erledigt, wird noch ein großer Schluck Wasser genommen und dann erfolgt der Rückzug auf die Hundecouch, wo noch Pfoten und Brust auf Brösel abgesucht werden. Danach kann endlich in aller Ruhe verdaut werden. Nicht so bei Molly. Selbst eine Stunde und länger nach der Fütterung macht sie hintereinander eine Schüssel nach der anderen und den Boden rundherum gründlich sauber. Es ist schlichtweg unmöglich, dass sich hier noch irgendetwas Essbares findet. Versuche, sie davon abzuhalten, sind wirkungslos. Ich habe auch schon probiert, sie gleich nach der Mahlzeit mit einem Kaustangerl abzulenken. Das funktioniert - solange sie dran kaut. Ist es aufgegessen, führt ihr Weg sie sofort zurück zu den Futterschüsseln.

Für Molly sind Futterzeiten so aufregend wie für unser eins ein Fallschirmsprung - dass angesichts eines derartigen Adrenalin-Schubs auch schon ein paar Tröpfchen in der Unterwäsche landen, gibt keiner gerne zu, ist aber so. Und bei Molly ist das nicht anders. Damit die Tröpfchen nicht einen Teppich zieren oder in die Ritzen im Laminatboden laufen, muss Molly unmittelbar nachdem ihre Schüssel leer gefressen oder das leckere Schweinsohr vernascht ist, mal raus in die Wiese.


Nun könnte man meinen, sie wäre generell undicht - aber das ist sie keineswegs. Diese Stresslackerl passieren ihr im Affekt. Wenn Molly hingegen die Nacht zu lange dauert und sich bei ihr ein gewisser Drang bemerkbar macht, legt sie am Laminatboden beim Schlafzimmereingang einen Stepptanz hin, der das Ziel hat, mich aus dem Schlaf zu holen. Sobald das gelungen ist, wanke ich zur Terrassentür und lasse die süße Maus ins Freie. Gleich rechts befindet sich mein WC und auch ich nutze die kurze Wartezeit, bis Molly ihr Geschäft erledigt hat, sinnvoll. Sobald bei mir die Spülung rauscht, steht Molly auch meist schon wieder vor der Türe und bittet, vom Druck befreit, um Einlass. Während dieser Einlage schlafen die anderen Rudelmitglieder ruhig weiter. Sie kennen die Nachmitternachtseinlage längst und sind dadurch nicht von ihren kuscheligen Decken und Polstern zu locken. Auch Molly verzieht sich sogleich auf ihren Platz, der bestimmt noch warm ist und rollt sich wieder gemütlich ein. 

Sehr seltsam mutet auch diese eine Schlafstellung an, die nur sie einnimmt. Immer wenn sich gerade gar nichts tut und Ruhen angesagt ist, sucht sich jeder meiner Vierbeiner sein bevorzugtes Hundebett, rollt sich ein und schläft alsbald tief und fest. Manchmal wird auch gemeinsam gekuschelt. Da findet sich auch schon mal ein Kopf auf den Rücken des anderen gebettet. Nur Molly kann etwas, das ich wiederum bei keinem meiner anderen Hunde jemals gesehen habe. Molly schläft im Sitzen ein. Als hätte sie vergessen oder wäre zu müde, sich hinzulegen, sitzt sie da mit hängenden Schultern und hängendem Kopf, Rücken krumm und schläft.



Mein Versuch korrekt und vollständig zu berichten, treibt mich dazu, Molly grade im Moment besonders genau zu beobachten. Dabei ist mir aufgefallen, dass etwas an ihr gar nicht mehr auffällig ist. Blondie hat von Beginn weg oft stundenlang ihre Vorderpfoten geputzt. Nicht dieses kurze Absuchen nach Essensresten nach einer Mahlzeit, sondern eine Zwangsstörung, bei der ich stets befürchtet habe, dass sie ihre hübschen Pfoten nackt lecken und diese irgendwann wund und entzunden sein würden. Dank Mollys dichter Behaarung ist es glücklicherweise nie so weit gekommen. Nun ist es immer so, dass man sofort merkt, wenn etwas schlimmer wird, aber nicht immer gleich eine Verbesserung wahrnimmt. Und so ist mir gerade gestern erst aufgefallen, dass Molly ihre Pfoten, wie jeder andere, völlig normale Hund auch, nach der leckeren Näscherei noch kurz reinigte. Und das war's. Kein fanatisches, stundenlanges Dauerlecken mehr - Haleluja!

Dazu muss ich sagen, dass mir der Tierschutzverein vor der Übergabe von Molly fairerweise mitteilte, dass bei ihr eine chronische Augenentzündung diagnostiziert worden war. Und der mitgelieferte Arztbericht erwähnte auch eine Hautallergie, was an vielen kleinen wunden Stellen, vor allem an ihrem Bauch, aber auch an den Zehen und Ballen offensichtlich war. Ein erster Allergietest in der Tierklinik bestätigte dies. Ich beschloss jedoch abzuwarten, wie sich die neue Umgebung, die sauberen Liegeplätze, das gute, regelmäßige Futter und die viele Bewegung auf sie auswirken sollten. Zudem war Molly eine recht mollige Hundedame und ich wollte sie erstmal auf ein Normalgewicht runter bringen. Was soll ich sagen: gut war's - keine Allergie mehr, keine Augenentzündung, Figur schlank. Bestimmt ist da eine gewisse Anfälligkeit vorhanden, denn der Versuch einer Futteränderung wurde mit Herumbeißen an juckenden Pfoten und Kratzanfällen quittiert. Mit der Rückkehr zur ursprünglichen Fütterung war wieder alles gut

Die vielen seltsamen Verhaltensweisen meiner Molly sind meiner Einschätzung nach bestimmt nicht angeboren. Spaniel sind, soweit ich weiß, Hunde mit einem festen Sturschädel, aber sicher nicht von Natur aus derart schräg. Was Molly in ihren ersten 4-8 Lebensjahren widerfahren ist, war vermutlich nicht immer nur Gutes. Molly hat mit Sicherheit Hunger kennen gelernt. Schmerzen und Käfighaltung waren wahrscheinlich auch mit dabei und Kontakt oder Spiele mit anderen Hunden, wenn es das überhaupt gegeben hat, dann ist es schon so lange her, dass sie es vergessen hat. Schmerzen kennt Molly alleine daher, dass langfristig unbehandelte Ohren- und Augenentzündungen zu Schwerhörigkeit und beinahe Blindheit geführt haben. Man hatte sich mit ihr wohl kaum, wenn dann nur unsanft auseinander gesetzt. Körperpflege, wie Bürsten, ist ihr verhaßt - vor allem, wenn man an bestimmten Körperregionen kämmen möchte, beißt sie in ihrer Verzweiflung und Angst vor Schmerz zu. Sie schnappt nicht, um zu verletzen - es sind nur Drohgebärden und Versuche, mich sanft aber bestimmt davon abzuhalten. Und so greife ich dann oft auch lieber zur Schere als zur Bürste.

Spaziergänge mit Molly sind wie Überraschungseier - man weiß nie wirklich, was einen erwartet. Meist läuft sie mit uns mit, ohne dass ich mich viel darum kümmern muss. Kritisch sind die Start- und Endphase. Grade beim Weggehen läßt sie sich sehr viel Zeit zum Schnüffeln und fällt gerne mal zurück. Wenn wir aber mal unterwegs sind, ist Molly super mit dabei. Und am Rückweg läuft sie voraus. Oftmals weiter als ihr Gehör- und Sehsinn reichen. Kreuzen dann zufällig grade viele andere Hunde- und Menschenbeine ihren Weg, schließt sie sich diesen spontan an, in der Meinung, sie hätte uns wieder gefunden. Da Molly völlig harm- und arglos ist, hat das bislang im schlimmsten Fall zu Gelächter und einer freundlichen Rückgabe der Fellnase ins richtige Rudel geführt. Wenn Molly uns verliert, ohne sich einem fremden Rudel anzuschließen, bekommt sie Panik. Und Panik ist selten ein guter Ratgeber. Irgendwann rennt sie dann einfach los und weil es sonst unspannend wäre, prinzipiell in die falsche Richtung. Zu Beginn unserer Partnerschaft hat sich rasch herausgestellt, dass Mollys Nase und Orientierungssinn 1A sind. Denn in diesen Fällen trafen wir uns beim Auto wieder. Mittlerweile kommt es vereinzelt vor, dass Lenny die Rückführung übernimmt, indem er Molly einfach dort abholt, wo sie herum irrt. Zwar hat sich das bislang eher als Zufallstreffer dargestellt, aber ich arbeite dran, dass er es sich als Aufgabe macht.

Tierarztbesuche hingegen findet Molly zum Gähnen langweilig. Die meisten anderen Hunde zeigen bereits beim Betreten des Wartezimmers eindeutige Anzeichen erhöhter Pulsfrequenz. Sie beginnen zu Hecheln, Fell fällt in Büscheln aus und die ganz Ängstlichen stemmen vier Pfoten mit aller Kraft gegen die Laufrichtung. Viele Hunde betreten nicht das Behandlungszimmer, sondern werden hinein gezogen, als hätten sie Rollen an den Pfoten. Bei Molly passiert genau das Gegenteil. Richtig besorgt war die liebe Ärztin noch bei unserem ersten Besuch und hat eine gefühlte halbe Stunde Mollys Herz abgehört, weil sie nicht glauben konnte, wie ruhig und entspannt dieser Hund war. Und so ist es geblieben. Molly hat einfach die Ruhe weg beim Tierarzt - wie herrlich!

In den vier Jahren, die Molly nun bereits bei mir lebt, habe ich nicht nur einmal mit meiner Entscheidung, diesen verkorksten Hund in (m)ein Rudel auf zu nehmen, gehadert. Ich war der Ansicht, dass es meine kleine verrückte Blondine als Einzelhund bei einem netten Pensionistenpärchen möglicherweise leichter gehabt hätte, weil ihr da einfach mehr Aufmerksamkeit geschenkt worden wäre und sie mehr Ruhe gehabt hätte. Und aus diesen besorgten Gedankengängen hat mich kürzlich eine liebe Hundefreundin gerissen, indem sie mir - ohne meine Bedenken zu kennen - eine völlig andere Sichtweise geliefert hat mit den Worten: "Wie gut, dass Molly in einem Rudel lebt, an dem sie sich orientieren kann!" Danke, Sabine!!!