Donnerstag, 18. September 2014

Zum Fressen gern

"Mein Hund teilt sich's ein."
"Ich mach mir Sorgen um meinen Hund! Der frisst zu wenig."
"Bei uns ist der Futternapf immer voll, damit unserer nicht hungern muss."
"Ich kauf keinen großen Futtersack - meiner hat dasselbe Futter rasch satt."
"Training mit Leckerlis geht bei uns nicht - das interessiert meinen nicht!" 

Ich kann's kaum glauben, wenn ich sowas von anderen Hundehaltern höre. Für mich klingt das, als erzählt einer, dass sein Hund jeden Morgen die Zeitung holt ... aber mit dem Auto. Völlig unglaublich! Wenn meine Bande Futter kriegt, zähl ich danach meine Finger und sehe die Kollegen 1 Stunde nach der Fütterung immer noch bei der Bröselkontrolle an den Näpfen. Denen könnte ich gammlige Schuhsohlen braten. Selbst die wären ratz-putz weg.


Mit Futter erreicht man bei meinen haarigen Mitbewohnern fast alles. In wenigen Ausnahmesituationen sind grade mal Hütewischmobb und Kampfschmuser unbestechlich. Für Balu hätte man eine zeitlang ein frisch geschlachtetes Huhn voraus werfen können und er hätte beim Tierarzt dennoch keinen Schritt in Richtung Behandlungszimmer gemacht. Wenn Phoebe ihren Job, sprich Verbellen, macht, dann verliert ein Leckerli mitunter vorübergehend seine Überzeugungskraft.

Aber aufgepaßt: Leckerlis verteilen OHNE vorhergehendes Sicherheitstraining wäre so, als würde man eine blutende Hand in ein Piranha-Becken stecken.

Dabei ist das Schließen des Hundekiefers noch bevor die Hand das Maul verlassen hat an sich ja noch nicht das Schlimmste. Der sog. Fingerschäler - der tut richtig weh. Dabei schließt sich der Hundekiefer während Zeigefinger und Daumen noch das Leckerli im Maul des Hundes umschließen, und zeitgleich zieht der Hund sein Maul mit zusammen gedrückten Kiefern zurück: Fingerschäler.

Klug ist, wer dem Hund frühzeitig das Fangen aus der Luft lernt, denn auf diese Weise kann ein schmerzhaftes Zusammentreffen von Zähnen und Fingern in den meisten Fällen erfolgreich vermieden werden. Blöd ist, wenn der Hund das Leckerli zu fangen versucht, bevor man es hat fallen lassen.


Molly, unser Golden Girl, ist das extremste mir bekannte Hundewesen beim Thema Futter. Für solche Fälle (wie auch bei Pferden) ist üblicherweise die Gabe aus der flach geöffneten Hand ratsam. Dabei liegt das Leckerli in der Handmitte - wenige Hundemäuler gehen soweit auf, dass sie dabei die ganze Hand aufnehmen können. Bei Molly geht das, irgendwie. Da passiert es auch schon mal, dass ein Leckerli in den Weiten ihres Mauls verschwindet. Ja, richtig - es verschwindet, löst sich auf, fliegt davon, was weiss ich. Fakt ist, Molly packt es und weg isses. Sie sucht dann verwundert und scheint sich selbst zu fragen, wo es abgeblieben sein könnte. Erklären kann ich das nicht - es ist auch keines jemals wieder aufgetaucht. Nachforschungen haben bislang keine sinnvollen Erklärungen für dieses höchst suspekte Phänomen geliefert.


Am liebsten verstecke ich beim Spazieren kleine Leckereien im hohen Gras oder in Büschen. Dabei kommt es im Normalfall zu keinem schmerzvollen Kontakt zwischen Menschenhand und Hundezähnen und die Nasen sind beschäftigt, was wiederum dem Hund gefällt, weil es eine Art Jagd simuliert. Manche behaupten, so würde man dem Hund beibringen, auch anderen Unrat, den er findet, zu verschlingen.
Ich behaupte, damit bringt man dem Hund rein gar nichts bei. Das steckt dem Hund in den Genen. Das ist ein Urinstinkt. Das muss man ihm nicht erst lernen. Den Waldboden in unserem bevorzugten Wandergebiet überzieht in regelmäßigen Abständen eine LKW-Ladung mit getrocknetem Brot. Ein guter Mensch möchte hier seinen Wohlstand offenbar mit den Rehen und Wildschweinen des Waldes teilen, nichts ahnend, dass sicher keines dieser scheuen Viecher jemals ein Stück davon abbekommen hat, dafür die dort spazierenden Hunde zuhause keine Mahlzeit mehr brauchen, weil sie sich unterwegs schon den Bauch mit Brot vollgeschlagen haben.
 

Trotz ihrer Leidenschaft sind meine Vielfraße schlank und rank. Die Ursache liegt wohl einerseits darin begründet, dass wir verdammt viel unterwegs sind. Wenn ich aber ehrlich bin, muss ich gestehen, dass es vielmehr daran liegt, dass ich ersatzhalber an den Hunden die Disziplin auslebe, die mir bedauerlicher Weise an mir selbst nicht gelingt.


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